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Ein Erfolgsmodell mit zunehmender Schlagseite

Roter.Teufel

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Analyse und Meinung
Ein Erfolgsmodell mit zunehmender Schlagseite


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Der Autor beschäftigt sich damit, ob die nationale Politik die Zukunft des Landes noch positiv gestalten kann. Er sieht die Gefahr einer Entfremdung.

Von Robert Goebbels *

Die jüngste Ausgabe des „Echo des Entreprises“ der FEDIL enthält einen sehr persönlichen Beitrag von John Parkhouse, dem CEO von PricewaterhouseCoopers, der seit 1994 in Luxemburg lebt und arbeitet. „Das versteckte Juwel im Herzen Europas“ hat es dem Briten mit nunmehr Luxemburger Nationalität stark angetan.

Parkhouse, der als PwC-Boss auf viel Insider-Wissen zurückgreifen kann, zeichnet ein sehr vorteilhaftes Bild der sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Evolution unseres Landes zwischen 1990 und 2020. In diesen drei Jahrzehnten stiegen die nationalen Ausgaben für Gesundheit um 765 Prozent, diejenigen für Erziehung um 343 Prozent. Jene für Pensionen um 535 Prozent.

Geschlagen nur durch die Preisentwicklung bei den Immobilien, die in 30 Jahren um 672 Prozent anzogen. Die öffentlichen Ausgaben für die Wohnraumbeschaffung erhöhten sich gleichzeitig um beeindruckende 894 Prozent. Da die Zahl der Einwohner um 65 Prozent zunahm, stieg im gleichen Zeitraum die staatliche Unterstützung für Wohnraum um bloß 85 Prozent pro Kopf. Womit Luxemburg unterhalb der durchschnittlichen öffentlichen Ausgaben (+137 Prozent) für Wohnungen im Euroraum blieb.

Zwischen 1992 und 2022 schlug unser Land dennoch in den meisten Bereichen die drei Nachbarländer sowie den EU-Durchschnitt. Unser Bruttosozialprodukt stieg um 156 Prozent gegenüber 68 Prozent in der EU. Die Beschäftigung nahm um 151 Prozent zu, gegen 43 Prozent EU-weit. Die Gesundheitsversorgung stieg um 427 Prozent, gegenüber 166 Prozent im EU-Schnitt. Die Ausgaben für Erziehung steigerten sich pro Kopf um 200 Prozent, gegenüber 114 Prozent in der EU. Die Renten erhöhten sich um 284 Prozent, im Rest der EU um 145 Prozent. Das durchschnittliche Jahresgehalt der Staatsbediensteten stieg auf 86.500 Euro gegenüber 38.500 Euro im gesamteuropäischen Mittel.

Wie Parkhouse feststellt, kam der geschaffene Reichtum nicht nur einigen Glücklichen zugute. Das gesamte Wirtschaftssystem profitierte von der ansteigenden Flut.

Eine zunehmende Entfremdung

Ja, wenn man allein die Bilanz der letzten drei Jahrzehnte betrachtet. Doch Parkhouse sieht dunkle Wolken aufziehen. In den letzten Jahren habe ein „disconnect“ stattgefunden, eine zunehmende Entfremdung zwischen den Unternehmen, den politischen Entscheidungsträgern, den Behörden und der Bevölkerung.

Viele Politiker, hohe Beamte, Journalisten und andere Meinungsmacher haben offensichtlich den Bezug verloren zu den Quellen unseres Reichtums. Wachstum ist nicht mehr erwünscht, Industrie schon gar nicht. Der Finanzplatz ist suspekt. Nicht „ethisch“, nicht „grün“ genug.

Wachstum ist nicht mehr erwünscht, Industrie schon gar nicht. Der Finanzplatz ist suspekt.

Kurz, wir schämen uns unseres Wohlstands, wehklagen gleichzeitig über „wachsende Armutsrisiken“, über Klimakrise und Biodiversitätsverluste. Als ob Luxemburg die Welt mit immer mehr Genügsamkeit retten könnte.

Wie der Statec in seiner jüngsten Studie zum „Klimawandel in Luxemburg“ belegt, hat sich unser Energieverbrauch, und der damit verbundene CO2-Austoß vom Wirtschaftswachstum stark entkoppelt. Obwohl die Bevölkerung zwischen 2005 und 2020 um 30 Prozent zunahm, fielen Energieverbrauch und Wasserverbrauch, sowie der zu entsorgende Abfall pro Einwohner. Wobei die 220.000 Grenzgänger, die hierzulande auch Energie und Wasser verbrauchen sowie Abfall produzieren, bei diesen auf die Einwohner bezogenen Statistiken unberücksichtigt bleiben.

Luxemburg leistet seinen Beitrag zur angestrebten Dekarbonisierung. Die Europäische Union will ein weltweiter Vorreiter sein. In den letzten fünf Jahren gelang es den Europäern, den Ausstoß der Treibhausgase um 19 Prozent zu senken. In Luxemburg waren es zwölf Prozent. Nicht begünstigt durch EU-Regeln, die Luxemburg die durch den Verkauf von Treibstoffen generierten Emissionen anrechnen. Selbst wenn diese zu zwei Drittel im Ausland genutzt werden. Wird der Sprit teurer in Luxemburg, wird im Großraum nicht weniger gefahren. Bloß woanders getankt!

Unsere Klimabilanz profitiert dagegen von der Nicht-Anrechnung der Emissionen des importierten Stroms. Den wir zu über 81 Prozent aus Deutschland beziehen. Deutscher Strom besteht zu einem guten Drittel aus schmutzigem Kohlestrom. Zwar kauft Luxemburg für das gute Gewissen „Zertifikate für grünen Strom“. Dennoch sind die im deutschen Verbundnetz zirkulierenden und nach Luxemburg exportierten kohlegenerierten Elektronen nicht auszufiltern.

Die EU emittierte in den letzten fünf Jahren rund 260 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent weniger. Doch im gleichen Zeitraum stieß der Rest der Welt über 1,6 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent zusätzlich aus. Der Anteil der Europäer an den globalen Emissionen fiel auf etwa sieben Prozent. Davon hat Luxemburg 0,34 Prozent zu verantworten. Eine luxemburgische Netto-Null würde wirkungslos verpuffen.
Der Verlust an Attraktivität

John Parkhouse treiben andere Sorgen herum. Er stellt eine „Erosion der Attraktivität Luxemburgs für internationale Investoren“ fest. Seine Beratungsfirma PwC tätigt regelmäßig Umfragen bei international aktiven Firmenchefs. Die letzte Marktforschungsstudie ergab, dass nur noch 46 Prozent der Bosse des Finanzsektors glauben, ihr Business hätte für die kommenden Jahre eine Zukunft in Luxemburg. In den USA, in Großbritannien und vornehmlich in Irland sehen über 70 Prozent der CEO’s die Zukunft positiv.

Tatsache ist, dass in den letzten Monaten eine Reihe Investmentfonds bereits von Luxemburg nach Dublin übersiedelten. Dabei ist es der bei zu vielen Politikern und Journalisten so unbeliebte Finanzsektor, der dem „Ländchen“ die vielen Wohltaten ermöglicht, die Luxemburg zu einem der reichsten Staaten der Welt machten. Was uns nicht daran hindert, auf sehr hohem Niveau zu klagen.

Laut Parkhouse kommen 70 Prozent der nationalen Einkünfte durch das „internationale Business“. Banken wie Fonds bedienen den Rest der Welt; Cargolux, SES, ArcelorMittal, Goodyear und alle verbleibenden Industrien ebenfalls.

Die Medien feiern immer wieder junge Unternehmer, welche zwar sympathische, aber letztlich esoterische bis homöopathische Initiativen starten. Oder glaubt jemand, man könne mit „Téi vum Séi“, Bio-Tomaten, Second-Hand-Shops, Repair-Cafés und „Tiny Houses“ genügend Mehrwert schaffen, um die steigenden Defizite der Gesundheitskasse zu eliminieren? Immerhin 41,6 Millionen Euro im Jahr 2022. Oder den spätestens ab 2017 einsetzenden Schwund der zurzeit noch ansehnlichen Reserven unseres generösen Pensionssystems?
Ein chaotisches Wahlverhalten

Die kommenden Jahre werden nicht einfach. Das Resultat der Kommunalwahlen belegt eine zunehmende Zersplitterung der Parteienlandschaft. Damit einen „disconnect“ der Politik von den wahren Problemen des Landes.

Die kommenden Parlamentswahlen werden noch schwieriger. Das chaotische Wahlverhalten der Luxemburger macht die Bildung einer couragierten Zwei-Parteien-Regierung immer unwahrscheinlicher.

John Parkhouse glaubt, dieses „amazing country“ könne weiterhin ein Hafen für Stabilität und das Versprechen für zukünftige Prosperität bleiben. Doch müssten „wir uns daran erinnern, wie wir dorthin gekommen sind, und -radikal - zusammenarbeiten, um diese Zukunft zu schaffen“.

Gefordert ist mehr Realismus. Keine Tagträumerei, kein Heilsdrang „made in Luxembourg“. Wir sind und bleiben ein Kleinstaat, der die Welt nicht mit ethisch verklärten Finanzregeln, mit Lieferkettengesetzen und unverdautem Ökologismus verändern wird. Etwa unsere Anmaßung, die Nutzung der Kernenergie zu verhindern. Wie alle Staaten haben wir Interessen zu verteidigen, wenn möglich im Verbund mit unseren EU-Partnern. Die nicht auf die moralinhaltige Bevormundung der Xavier Bettel (DP) oder Claude Turmes (Déi Gréng) erpicht sind, wenn sie ihre nationalen Politiken laut den eigenen Interessen festlegen.

Luxemburger Wort
 
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