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GewerkschaftsprotestErinnerungen an die Demo von 2009

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Vom Generalstreik im Oktober 1973, der größten Demonstration der Nachkriegszeit, über eine ähnlich große Kundgebung 1982 bis zu jener von 2009 gegen den Sozialabbau – der Protest richtete sich jedes Mal gegen die Politik einer von der CSV geführten Regierung. Der Autor erinnert sich an den Mai vor 16 Jahren.

Es war eine fast perfekt organisierte Demo am Samstag, dem 16. Mai 2009. Von mehr als 20.000 Teilnehmern – einige sprachen von bis zu 30.000 – war die Rede. Mehr als erwartet waren dem Aufruf der Gewerkschaften zu der größten Protestveranstaltung seit Jahren gefolgt. Die gemeinsame Aktion von OGBL, Landesverband, LCGB, CGFP, FGFC, Syprolux und Aleba begann wie so oft im Bahnhofsviertel. Die Demonstranten hatten sich in der rue de Strasbourg aufgestellt und machten sich auf den Weg über die avenue de la Liberté in die Oberstadt. Manche hatten noch die gewaltsamen Auseinandersetzungen der belgischen und französischen Stahlarbeiter mit der Polizei aus dem Jahr 2003 am „Rousegäertchen“ vor dem Arbed-Gebäude in Erinnerung. Doch dieser Protestzug blieb friedlich.

Was außerdem auffiel, war die überwältigende Dominanz des OGBL. Eine Sektion nach der anderen der mit größten Gewerkschaft Luxemburgs zog gemächlich über die place de Paris und die Adolphe-Brücke zur „Gëlle Fra“. Mehrmals staute sich der Zug. Angeführt wurde die Menge von der Gewerkschaftsprominenz, die teilnehmenden Politiker mussten sich dahinter einreihen. „Zesumme géint all Sozialofbau!“ stand auf den Transparenten, auf unzähligen Plakaten wurde eine andere Politik und Solidarität verlangt und dazu aufgefordert, die „Finger weg vom Index“ zu lassen.

Weder Karneval noch Trauerzug

Einige Demonstranten hatten sich besonders originell verkleidet: einer als „Großkapitalist“ mit Zigarre, Eurosäckchen und Spielgeldscheinen am Hut, ein anderer als Sensenmann und Arbeitsplatzkiller. Beschäftigte von Villeroy & Boch, deren Werk kurz vor dem Aus stand, trugen schwarze T-Shirts mit weißen Kreuzen. Auf einem Transparent waren karikaturhaft die damaligen Regierungschefs der Europäischen Union gezeichnet. Doch es handelte sich weder um einen Karnevalszug noch um einen Trauermarsch – vielmehr sollte der neoliberale Kapitalismus zu Grabe getragen werden. Zumindest hatte er sich für die Teilnehmer erledigt. An einem Galgen baumelte eine überlebensgroße Strohpuppe mit der Aufschrift „Capitalisme“ und „Europe libérale“.

Nachdem der Zug an der „Gëlle Fra“ angekommen war, begannen die Reden des damaligen OGBL-Präsidenten Jean-Claude Reding und des LCGB-Chefs Robert Weber, von Romain Wolff (CGFP) und anderen, während ein paar hundert Meter davon entfernt eine junge Aktivistin des französischen „Nouveau Parti anticapitaliste“ (NPA) in ihr Megafon skandierte und ein paar Anarchisten ihre Flugblätter verteilten. Trotz gewerkschaftlicher Dominanz bestach die Demo nicht zuletzt durch ihre Vielfalt. Für den OGBL-Chef Reding, der eine Umorganisierung der Wirtschaft forderte, war es ein klares Zeichen gegen den Sozialabbau. Und sein Pendant von der christlichen Gewerkschaft, Robert Weber, warnte: „Wir dürfen die Jugendlichen nicht im Regen stehen lassen!“ Im Regen stand an diesem Tag niemand. Das Wetter war ideal, Demowetter!

Die Demonstranten drückten ihre Sorge darüber aus, dass etwas schiefgelaufen war im globalisierten System der freien Marktwirtschaft. Viele umtrieb die Angst um den Arbeitsplatz und vor dem sozialen Abstieg. Wie die insgesamt mehr als 300.000 Menschen, die an jenem Tag in den europäischen Metropolen auf die Straßen gegangen waren, um ein Zeichen zu setzen – so auch die Menschen in Luxemburg und aus der Region. In den beiden Jahren zuvor hatte sich seit dem Niedergang der US-Bank Lehman Brothers die globale Banken- und Finanzkrise zu einer Wirtschaftskrise ausgeweitet.

Mit der Krise stieg die Arbeitslosigkeit

Vor den Arbeitsämtern bildeten sich immer längere Menschenschlangen. Die Zahl der Arbeitssuchenden stieg im Herbst desselben Jahres auf über 14.000, das waren 3.600 mehr als noch im Jahr zuvor, nicht mitgerechnet die vielen Menschen in Beschäftigungsmaßnahmen und die Grenzgänger, die sich im Arbeitsamt ihres Heimatortes einschreiben mussten. Laut Statec hatten sich 27 Prozent erst gar nicht bei der ADEM gemeldet. Allein in der Finanzbranche wurden nach Schätzungen der Gewerkschaften in zwölf Monaten rund tausend Stellen abgebaut. Um die Menschen vor dieser Abwärtsspirale zu retten und den Arbeitsmarkt wiederzubeleben, setzte die damalige CSV-LSAP-Regierung unter Premierminister Jean-Claude Juncker mit Finanzminister Luc Frieden (beide CSV) und Wirtschaftsminister Jeannot Krecké (LSAP) alle Hebel in Bewegung.

Die Krise, die ihren Anfang 2008 mit dem Bankencrash genommen und zum Absturz zahlreicher Geldhäuser geführt hatte, dehnte sich schnell auf andere Wirtschaftssektoren wie etwa Autozulieferer und die Metallindustrie aus. Die Krise sickerte weiter durch. In Junckers Rede zur Lage der Nation kurz vor der Demo fiel mehr als 60 Mal das Wort Krise. Die Regierung machte rund 2,9 Milliarden Euro öffentlicher Gelder für private Banken locker. Auch andere Betriebe in der Bredouille bekommen Staatsknete, zugleich sollte mit der sogenannten Abwrackprämie von Transportminister Lucien Lux (LSAP), die an den Kohlendioxidausstoß gekoppelt wurde, der Autokauf angekurbelt werden – ökologisch unsinnig, wie Umweltorganisationen kritisierten. Das Großherzogtum war innerhalb von fünf Jahren in Sachen Wettbewerbsfähigkeit von Platz sieben auf Rang 13 abgerutscht – laut Statec lebten zu diesem Zeitpunkt 13 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze.

Wie am 9. Oktober 1973, als laut Tageblatt zigtausend Menschen auf die Straße gegangen waren zur bis dahin größten Protestkundgebung der Nachkriegszeit, die vorausweisend war, weil kurz darauf erstmals eine CSV-geführte Regierung abgelöst wurde, und 1982, als es wieder gegen eine CSV-Regierung ging, setzte der Protest von 2009 ein Zeichen. Es war das deutliche Signal, dass in Luxemburg auf Dauer nicht gegen die Gewerkschaften und ohne den sozialen Dialog Politik zu machen ist.

Tageblatt
 
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